Gutschein, Bargeld oder Verpflegung? (ND, 31.01.07)

Chipkarten werden abgeschafft, aber Art der Versorgung von Flüchtlingen in Spandau noch unklar

31. Januar: Heute läuft in Spandau das Chipkartensystem für Flüchtlinge und Asylbewerber aus. Spandau ist der letzte Bezirk, in dem die Infracard-Chipkarten bis heute gelten. Etwa 120 der in Spandau verwalteten Flüchtlinge bekamen Leistungen nicht in Bargeld ausgezahlt, sondern auf einer Chipkarte. Damit konnten sie in nur 17 eher teuren Geschäften zahlen.

Das Geld, das aus dem Rechner kam (scheinschlag 01/07)

In den Spielwelten des Internet geht es um harte Valuta

Die einen prügeln sich mit ihren digitalen Repräsentanten durch eine von Tolkien inspirierte mittelalterliche Sagenwelt. Die dreidimensionalen Spiegelbilder – Avatare – der anderen lungern oder werkeln in Kunstwelten wie dem populären „Second Life“ (SL) herum. Letzteres ist weniger ein Spiel als ein Schritt in Richtung Metaverse – dem dreidimensionalen Internet.

SL fußte von Anfang an auf einem Geschäftsplan, der die virtuelle Währung Linden-Dollar mit dem echten US-Dollar konvertierbar machte. Der Anbieter Linden-Labs wird an jeder Transaktion in der Spielwelt beteiligt. Für Grundstücke und Dienstleistungen zahlt man Linden-Dollar, die man je nach Tageskurs per Kreditkarte für US-Dollar kaufen kann. Da jeder Spieler an dem Produkt, das er selbst in SL kreiert, das geistige Eigentum behält, gibt es einen regen Handel virtueller Gegenstände, aber auch mit Dienstleistungen. Bis zu einer Million US-Dollar wird pro Tag in SL umgesetzt.

Täglich kommen neue Spieler zu den schon hunderttausend „Einwohnern“ von SL dazu. Maximal sind aber nur 25000 gleichzeitig online. Immerhin verdienen bereits einige Tausend SL-Besucher über 10000 US-Dollar jährlich. Am bekanntesten ist die Deutsche Ailin Graef, die durch den Handel von Grundstücken in SL reich wurde. Ihr Online-Besitz beziffert sie selbst auf über eine Million US-Dollar. Für sie arbeiten 50 Angestellte in SL. Die sitzen im echten Leben im chinesischen Wuhan.

Überhaupt verbringen in China schon tausende Menschen ihren Arbeitsalltag am 3D-Monitor. Richtig in Schwung kam dieses Phänomen, als das populärste aller Online-Rollenspiele, World of Warcraft (WoW), Mitte 2005 auch in China eingeführt wurde. Von dessen weltweit insgesamt sieben Millionen Spielern soll die Hälfte aus dem asiatischen Land kommen.

Die WoW-Währung heißt schlicht Gold. Die Geschichte des Spiels findet in einer Fantasy-Umgebung mit Elfen, Monstern und Zauberern statt. Anfangs, vor gut zwei Jahren, konnte man das Rollenspiel-Geld nur bei ebay ersteigern. Etwa um seinem Avatar eine bessere Rüstung zu kaufen. Heutzutage kann man in Online-Wechselstuben die Währungen von rund 15 populären Online-Rollenspielen gegen Dollar, Euro oder Yen tauschen ­ ein Millionengeschäft. Agenten dieser Börsen überbringen nach Eingang der Zahlung innerhalb der jeweiligen Spielwelt dem Käufer die erstandene Summe.

Vor allem in den Industrieländern scheinen Leute bereit zu sein, Geld für völlig virtuellen Besitz auszugeben, um digitale Reputation zu erlangen. Sie ersparen sich das mühsame Voranbringen ihrer Spielfigur und kaufen sich Ausrüstung und Erfahrung, um gleich in spannendere und fortgeschrittene Abschnitte der Spiele einsteigen zu können.

Hauptsächlich in China arbeiten mehrere Dutzend, meist junge Männer in „Sweatshops“ im Auftrag von Händlern, die besagte Wechselstuben bedienen. Bis zu 15 Stunden am Tag wird für einen Stundenlohn von unter einem US-Dollar an mehreren Rechnern gleichzeitig mittels kleiner Hilfsprogramme „Gold farming“, das Einsammeln von Goldmünzen, betrieben.

So hat sich bereits die internationale Arbeitsteilung ­ Kopfarbeit im Norden, Drecksarbeit im Süden ­ auch an der Schnittstelle zwischen echter und virtueller Welt etabliert. Seit einiger Zeit richten nun auch Regierungen ihren Blick auf das Geschehen. Denn die virtuellen Welten erwirtschaften insgesamt eine Summe, die das Bruttoinlandsprodukt so einiger „Entwicklungsländer“ übertreffen dürfte. Wie kann man dem mit Steuern beikommen, lautet die Frage.

Die Wirtschaft der virtuellen Welten zeigt, welche abstrakten und ideellen Werte in Geldbeträgen ausgedrückt werden können. Wer bereit ist, harte Valuta für ein nur auf Bildschirm und Festplatte vorhandenes Schwert zu zahlen, hat eine neue Stufe des Konsums erreicht.

(scheinschlag)

Gesetzeswidrige Verhaltenskodizes

Das fair produzierte Notebook liegt in weiter Ferne, Firmenkodizes bewirken so gut wie nichts

In den Zulieferbetrieben der Computerindustrie herrschen unzumutbare Arbeitsbedingungen, die zumeist auch nicht mit nationalem Arbeitsrecht vereinbar sind. Sehr viel laxer sind Verhaltenskodizes der Industrie, die geschaffen wurden, um Konsumenten zu beruhigen. Trotz dieser schlechten Ausgangssituation untersuchte das Öko-Institut kürzlich die Möglichkeit, einen „fairen“ Computer auf den Markt zu bringen.

Wiederentdeckung des Windantriebs

Frachtschiffe mit Flettner-Rotoren sollen bis zur Hälfte weniger Treibstoff verbrauchen

Im Jahr 1926 erreichte ein Schiff mit zwei merkwürdigen Säulenaufbauten den Hafen von New York. Es handelte sich um die „Baden-Baden“, 1924 noch auf den Namen „Buckau“ getauft, das erste und einzige Schiff, das der Ingenieur Anton Flettner mit dem von ihm entwickelten Windantrieb ausstatten konnte. Die beiden rotierenden Säulen, die äußerlich zwei riesigen Schornsteinen ähnelten, ersetzten dabei herkömmliche Segel. Trotz erfolgreicher Atlantik-Querung blieb die Baden-Baden ein Auslaufmodell. Diesel- bzw. heizölbetriebene Frachtschiffe waren einfacher zu bauen, der Rohstoff so billig, dass sich niemand weiter Gedanken über Windantriebe machte.

„Schulbücher alleine reichen nicht aus“

„Erlebte Geschichte“ – Berliner Schüler arbeiten durch Zeitzeugeninterviews NS-Zeit auf

Im Pankower Jugendclub „JUP“ sitzen drei Mädchen konzentriert vor den Computerbildschirmen. Immer wieder sehen sie die Interviews mit zwei alten Damen an, die sie zu thematischen Schnipseln verarbeiten. Doch Videoschnitt lernen die 16- und 17-Jährigen nur nebenbei. Die Mädchen sind die ersten Teilnehmerinnen des Projekts „Erlebte Geschichte – Lebendig gestalten“, das zum Ziel hat, thematisch geordnete Zeitzeugeninterviews auf Video und Audio für ein stetig wachsendes Internetportal zu erarbeiten.