Kommunen können beim fairen Einkauf mit gutem Beispiel vorangehen. Weil das gar nicht so einfach ist, erhalten sie dabei Unterstützung Als erstes Bundesland hat Bayern Mitte Juli beschlossen, Produkte ausbeuterischer Kinderarbeit von seiner öffentlichen Beschaffung auszuschließen. Der Freistaat bestätigt damit einen Trend, der in den letzten zwei Jahren von verschiedensten Kommunen gesetzt wurde. So achten immer mehr Kommunen darauf, die Einhaltung von Sozialstandards in ihre Vergabeverfahren einzubeziehen. Doch einfach ist das nicht: Strenge Sparvorgaben zwingen dazu, auf alles Entbehrliche zu verzichten, und noch dazu ist das bundesdeutsche Vergaberecht eines der kompliziertesten Rechtsfelder. Die Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH (InWEnt) unterstützt durch die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt interessierte Kommunen daher bei der Umstellung auf sozial verträglicheres Wirtschaften. Rechtliche Fragen werden in einem 2007 erstellten Gutachten „Faires Beschaffungswesen in Kommunen und Kernarbeitsnormen“ beantwortet. Außerdem hat sich dieses Jahr das bundesweite Netzwerk Faires Beschaffungswesen gegründet, das von InWent koordiniert wird. „Hauptsächlich geht es um Erfahrungsaustausch, etwa darüber, wie sich politischer Rückhalt gewinnen lässt“, so InWEnt-Mitarbeiter Michael Marwede. Wenn es um fair produzierte Produkte geht, liegen dabei oftmals die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zugrunde. Diese beinhalten das Verbot von Zwangsarbeit, das Vereinigungsrecht von Arbeitenden, den Ausschluss von Diskriminierung, gleiche Bezahlung für männliche und weibliche Arbeitskräfte, und das Verbot der schlimmsten Formen der Kinderarbeit. Da allerdings nur für wenige Produktgruppen Zertifikate existieren, die diese Standards garantieren, muss eine entsprechende Erklärung der Anbieter ausreichen. „Man kann auch keinen Bieter zwingen, ein bestimmtes Siegel zu verwenden – nur dazu, gleichwertige Anforderungen zu bestätigen“, erklärt Michael Marwede. Sollte sich allerdings herausstellen, dass die Angaben des Anbieters falsch waren, kann er von allen künftigen Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Doch die kommunale Beschaffungspraxis ist mit etwa 15 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, über sie kann auch eine größere Öffentlichkeit für das Thema Fairness erreicht werden. Kommunen können zum Beispiel die Zahlung bestimmter Mindestlöhne fordern oder nur Betriebe für sich arbeiten lassen, die auch ausbilden. „Kommunen können keine Staaten zu Verbesserungen zwingen“, sagt Marwede. Aber indem Hersteller gestärkt würden, die auf Sozialstandards achten, können vor Ort positive Signale gegeben werden. Die Stadt Düsseldorf tut dies seit 2001 bei der Ausrüstung ihrer Feuerwehr, indem sie bei den Anbietern ihrer Dienstkleidung anfragt, inwieweit diese entsprechend dem internationalen Arbeitsrecht hergestellt wird. Seit 2006 hat die Stadt ihre faire Einkaufspraxis auf andere Bereiche ausgeweitet und kauft keine Produkte mehr, bei deren Herstellung Kinder ausgebeutet wurden; außerdem müssen in allen Bereichen die IAO-Kernarbeitsnormen eingehalten werden. MitarbeiterInnen der Verwaltung werden über die neue Vergabeverordnung sowie eventuell betroffene Produkte informiert. Das Augenmerk sollte demnach besonders auf Bälle, Bekleidung und sonstige Textilien, Spielwaren, Teppiche, Lederprodukte, Billigprodukte aus Holz, Pflastersteine und Agrarprodukte gerichtet werden. Eine der ersten Städte, die sich gegen Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit ausgesprochen haben, war Bonn. Die Einhaltung sämtlicher IAO-Kernarbeitsnormen berücksichtigt die Verwaltung bei ihrer Vergabepraxis jedoch nicht. Es sei zu schwer, zu einer Normierung zu kommen, meint Martin Krämer vom Liegenschaftsamt Bonn. Auch beim Thema Kinderarbeit operiere man in einer rechtlichen Grauzone. „Lieferanten müssen versichern, dass Produkte nicht aus ausbeuterischer Kinderarbeit stammen. Wenn der Bieter das nicht kann, muss er eine Erklärung unterschreiben, dass er sich dafür einsetzt. Letztlich ist es aber so, dass wir das nicht kontrollieren können“, so Krämer. Hier verlasse man sich auf die Aktivitäten von Nichtregierungsorganisationen. Krämer hält es für wichtig, als Kommune ein positives Signal für soziale Verantwortung zu setzen. Für Bonn sei die neue Einkaufspraxis außer bei Kaffee übrigens nicht teurer gekommen. Auch Martin Krämer wünscht sich rechtliche Rückendeckung von der Bundesregierung. Diese hat sich bis jetzt noch nicht entschlossen, die EU-Richtlinie zur Berücksichtigung von Sozialstandards in öffentlichen Vergabeverfahren in nationales Recht umzusetzen. Gerade für eine Einkaufspraxis, die alle IAO-Standards einbezieht, könnte ein solches Gesetz hilfreich sein.