Chipkarten werden abgeschafft, aber Art der Versorgung von Flüchtlingen in Spandau noch unklar
31. Januar: Heute läuft in Spandau das Chipkartensystem für Flüchtlinge und Asylbewerber aus. Spandau ist der letzte Bezirk, in dem die Infracard-Chipkarten bis heute gelten. Etwa 120 der in Spandau verwalteten Flüchtlinge bekamen Leistungen nicht in Bargeld ausgezahlt, sondern auf einer Chipkarte. Damit konnten sie in nur 17 eher teuren Geschäften zahlen.
Grund für das Ende des Chipkartensystems in Spandau ist die Vertragskündigung der Betreiberfirma Sodexho mit dem Bezirksamt im Dezember aus wirtschaftlichen Gründen. Der Senat hatte schon vor Jahren auf Bargeldzahlungen umgestellt. Mitte, Tempelhof-Schöneberg und Neukölln kündigten 2004 die Verträge, 2005 schaffte Reinickendorf das Kartensystem ab. Andere Bezirke hatten die Chipkarten nie eingeführt.
Doch ob alle der 615 Flüchtlinge in Spandau in Zukunft Bargeld erhalten, ist noch unklar. Eine endgültige Entscheidung darüber soll erst Ende Februar fallen. Derzeit werden unterschiedliche Modelle diskutiert. Die Firma Sodexho legte ein Angebot über Wertgutscheine vor. Sozialstadtrat Martin Matz (SPD) steht dem kritisch gegenüber. „Ich versuche, Wertgutscheine zu vermeiden“, so Matz.
Bereits im November hatte FDP-Vorsitzender Paul Fresdorf einen Antrag an die Bezirksverordnetenversammlung gestellt, analog zur Chipkarte die „Maestro-Karten“ der Banken zu nutzen, so dass Flüchtlinge in allen Läden, die dieses System akzeptieren, zahlen könnten. Doch dafür ist ein Konto Voraussetzung. „Die Einführung der Maestro-Card für Flüchtlinge halte ich für nicht realisierbar“, so Angelika Höhne von der Grün-Alternativen-Liste (GAL). Sie sprach sich für Bargeld aus. So auch Karlheinz Zesch, einziger Abgeordnete der Linkspartei in der BVV. Er befürwortet ebenfalls die Auszahlung von Bargeld. Doch „dass CDU, FDP und die Grauen sich für Wertgutscheine aussprechen und Spandau als einziger Bezirk Gutscheine ausgibt“, halte er nicht für ausgeschlossen. Das Ende der Chipkarte war ja kein Akt der Gnade.
Parallel zur Diskussion haben 122 der vom Bezirk verwalteten Flüchtlinge, die derzeit keine gültigen Personaldokumente besitzen, eine Aufforderung vom Sozialamt erhalten, sich innerhalb von vier Wochen einen Pass zu beschaffen bzw. einen Nachweis über die beantragte Passbeschaffung von der Botschaft vorzulegen. Wenn sie dazu nicht in der Lage sind, droht ihnen die Unterbringung im Wohnheim in der Spandauer Motardstraße und Vollverpflegung. Das betrifft auch Flüchtlinge, die seit Jahren in Mietswohnungen leben. „Es wird völlig außer Acht gelassen, dass in einigen Ländern keine Dokumente ausgestellt werden und es für diese Menschen unmöglich ist, ein Dokument zu erhalten“, so Karlheinz Zesch. Er betonte, dass die bereits erfolgte Prüfung der Identität der Flüchtlinge Voraussetzung für jegliche Leistung von staatlicher Seite ist und dass die Heimunterbringung kostenintensiver als die Anmietung von Wohnungen sei.
Der Flüchtlingsrat Berlin und die Initiative gegen das Chipkartensystem kritisieren vehement das Vorgehen von Sozialstadtrat Martin Matz, der für die Verschickung der Briefe verantwortlich ist. „Es kristallisiert sich heraus, dass die Flüchtlinge, die bisher Chipkarten erhielten, jetzt einfach in die Motardstraße eingewiesen werden, weil die zuständigen Botschaften die Ausstellung eines Passes verweigern“, so Stefanie Behrens, Sprecherin der Initiative. „Das Wohnheim in der Motardstraße wird zu einem Ausreisezentrum für geduldete Flüchtlinge.“