Vom Bergbau Betroffene sind trotz internationaler Abkommen zur Unternehmensverantwortung weiter unzureichend geschützt.
In Bergbau und Rohstoffhandel müssen verbindliche Regeln für den Schutz von Menschen und Umwelt geschaffen, der Investitionsschutz für Unternehmen hingegen begrenzt werden. So lauteten zentrale Forderungen auf einem Kongress zum Thema Rohstoffgerechtigkeit in der Friedrich-Ebert-Stiftung am vergangenen Mittwoch. Schon seit Montag läuft bundesweit die »alternative Rohstoffwoche«, bei der nach der Herkunft und den Abbaubedingungen der in Deutschland verarbeiteten Rohstoffe gefragt wird. Im Mittelpunkt steht die Verantwortung, die rohstoffimportierende Staaten wie Deutschland in Bezug auf die Durchsetzung von sozialen und ökologischen Standards haben.
Seit Verabschiedung ihrer Rohstoffstrategie im Oktober 2010 hat die Bundesregierung Rohstoffpartnerschaften mit der Mongolei, Kasachstan und Chile unterzeichnet, eine weitere mit Peru wird derzeit hinter geschlossenen Türen verhandelt. Sowohl die Rohstoffstrategie als auch die Rohstoffpartnerschaften zielen in erster Linie auf die Versorgungssicherheit der deutschen Industrie ab. »Wir haben nicht feststellen können, dass sie dazu dienen, die Bedingungen im Rohstoffsektor vor Ort zu verbessern«, so Heidi Feldt von Transparency International Deutschland.
Für die Bevölkerung der rohstoffexportierenden Länder bedeutet der Bergbau vielfach eine Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen. In der Folge kommt es vielfach zu Menschenrechtsverletzungen, Landvertreibungen, Waldvernichtung, Verschmutzung des Trinkwassers und Wassermangel in der Landwirtschaft. Vor allem ländliche und indigene Gemeinschaften sind vom Bergbau betroffen, internationale Abkommen zum Schutz indigener Rechte wie die ILO-Konvention 169 werden oftmals nicht eingehalten.
»Auf den Philippinen sind ein Drittel der angestammten Territorien von Indigenen direkt vom Bergbau betroffen. Drei Viertel der indigenen Gruppen haben den Bergbauunternehmen den Zugang zu ihren Territorien verweigert«, berichtet der philippinische Anthropologe Jesus Vicente Garganera. Weil sich die Bergbauunternehmen darüber hinweg setzen, kommt es zu Menschenrechtsverletzungen. Garganera koordiniert die Kampagne gegen zerstörerische Bergbaumethoden und fordert einen »rationalen Bergbau«, der von Anfang an alle externen Kosten für Schäden an Umwelt und Gesundheit sowie Menschenrechtsverletzungen in seine Machbarkeitsstudien einbezieht. Auf diese Weise würden viele Bergbauprojekte ökonomisch nicht mehr sinnvoll sein.
Für die Anhörung und Beteiligung der betroffenen Bevölkerung sowie deren Schutz sind nach wie vor die nationalen Regierungen verantwortlich. Diese blieben aber oft untätig, weil sie zu schwach oder auf die Einnahmen aus dem Rohstoffgeschäft angewiesen seien. Zudem schränkten internationale Freihandelsabkommen die Handlungsspielräume von Regierungen ein, so Sarah Lincoln von Brot für die Welt. Die Handelsabkommen enthalten oft Investitionsschutzklauseln, die es Unternehmen ermöglichen, gegen Staaten zu klagen, wenn sich die Ausgangsbedingungen für ein bereits begonnenes Projekt ändern oder dieses politisch komplett abgelehnt wird.
Viele Unternehmen haben inzwischen freiwillige Transparenz-, Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsstandards unterzeichnet. In der Realität erweisen sich diese Standards jedoch als wenig wirkungsvoll. »Betroffene müssen Unternehmen zur Rechenschaft ziehen können« fordert Lincoln. Dies ist zur Zeit kaum möglich, vor allem weil internationale Konzerne nicht für die Aktivitäten ihrer Tochterunternehmen verklagt werden können.
»Wir müssen auf internationale Aktionspläne für die Umsetzung von CSR-Richtlinien drängen«, fordert der menschenrechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Christoph Strässer. Außerdem sei es an der Zeit, dass Deutschland endlich die ILO-Konvention 169 zum Schutz indigener Völker ratifiziere.