Ab dem 1. März diesen Jahres gilt in Namibia: Leiharbeit ist verboten. Was bereits im neuen Gesetz zur Arbeit (New Labour Act) im Juli 2008 festgeschrieben wurde, hat jetzt der Oberste Gerichtshof bestätigt. Die größte Leiharbeitsfirma Namibias, Africa Personnel Services (APS) hatte gegen das neue Gesetz geklagt – und verloren.
Das neue Gesetz stellt unter Strafe, dass „niemand gegen Entgelt eine Person anstellen darf, in der Absicht, sie einer dritten Partei als Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen.“ So vertrat der Staatsanwalt die Auffassung, dass Leiharbeit ein gefährliches Mittel der Ausbeutung sei, die den Arbeitern ihre Würde nähme.
APS hatte das Oberste Gericht angerufen, um feststellen zu lassen, dass das neue Gesetz das Recht auf freies Wirtschaften unterhöhle. In Namibia sind rund 16.000 Menschen als LeiharbeiterInnen beschäftigt. Das Unternehmen APS ist das größte der Branche und hat mit rund 6600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etwa zwei Drittel der namibischen LeiharbeiterInnen unter Vertrag. Der Anwalt des Unternehmens, Dave Smuts, argumentierte, dass APS lediglich dem weltweiten Trend folge, die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern flexibler zu gestalten, seiner Meinung nach eine notwendige Folge eines überregulierten und unflexiblen Arbeitsmarktes.
Leiharbeit ist moderne Sklaverei
Dem folgten die drei Richter des Obersten Gerichtshof nicht. „Nieder mit APS“, „Stoppt den Ausverkauf“ – begleitet von zahlreichen gewerkschaftlichen Protesten verkündete Richter Charles Parker: „Leiharbeit ist ungesetzlich und reduziert Menschen zu persönlichem Besitz.“ Er stellte fest, dass sich Leiharbeit nicht mit der Verfassung vereinbaren lasse. Sein Vergleich: „Eine Person, die in der Wirtschaft aktiv ist, zum Beispiel ein Bordell betreibt und dafür im Menschenhandel mitmischt oder in der Sklaverei, die kann sich nicht auf die Verfassung berufen und fordern, dass dies im Sinne der Freiheit des Handels und der Wirtschaft gedeckt sein muss.“ Leiharbeit sei seiner Auffassung nach nichts anderes als „moderne Sklaverei“.
Bereits seit einiger Zeit wurde das Thema Leiharbeit, die auch in Namibia zugenommen hatte, heftig diskutiert. So war das Unternehmen APS heftig kritisiert worden, nachdem es offen damit geworben hatte, dass Firmen keinerlei arbeitsrechtliche Schwierigkeiten mehr mit ihren Angestellten haben würden, da das Entleihunternehmen sich um alles kümmere. Richter Parker konstatierte dazu, im namibischen Recht sei kein Platz für eine dritte Partei zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. „Meiner Meinung nach schafft diese dritte Partei eine unakzeptable Situation, die keine Basis in unseren Gesetzen hat. Leiharbeit ist die Überlassung von Personen, als wären sie persönlicher Besitz.“
Leiharbeit in Namibia hat nach einer Studie des Labour Resource and Research Institute (LaRRI ) besonders in den vergangenen drei Jahren zugenommen. Die Wissenschaftler belegen, dass die versprochenen Maßnahmen zur Weiterbildung nichts als leere Versprechen sind. Alle befragten LeiharbeiterInnen verneinten, jemals eines der angekündigten Trainings angeboten bekommen zu haben.
Unternehmen übernehmen keine soziale Verantwortung für die Leiharbeitskräfte
Dementsprechend – und nach Aussagen verschiedener Manager – wird auf Leiharbeit in erster Linie zurückgegriffen, weil sie billiger ist. „Es gibt eben ruhigere Zeiten und Zeiten voller Auftragsbücher, in denen wir viele Mitarbeiter brauchen, meist ungelernte Kräfte“, beschreibt einer der Manager. „Deshalb beschäftigen wir nur weniger Leute permanent und bekommen dann zusätzlich Arbeiter über die Leiharbeitsfirma.“ Billiger sei für die Unternehmen außerdem, dass die Leiharbeitsfirma sich um den Arbeitsschutz und die Arbeitskleidung kümmere. „Leiharbeit erlaubt es den entleihenden Firmen, Arbeit in eine Ware zu verwandeln, die bestellt werden kann, ohne dass der entleihende Betrieb eine soziale Verantwortung für die Arbeiterinnen und Arbeiter übernehmen muss,“ konstatiert Herbert Jauch vom LaRRI. Und noch einen Vorteil besitzen den Aussagen der Manager nach die LeiharbeiterInnen: sie sind nicht organisiert und können als StreikbrecherInnen eingesetzt werden.
Die Arbeitgeberorganisation „Namibian Employers‘ Federation“, zeigte sich erwartungsgemäß enttäuscht über die Entscheidung. „Überall auf der Welt gibt es Leiharbeitsfirmen, wichtig ist, dass deren Arbeit reguliert ist,“ sagte Tim Parkhouse, Generalsekretär der NEF gegenüber dem Economist.
Freude dagegen bei den Gewerkschaften. Die Befürchtung, jetzt würden Jobs verloren gehen, teilt man hier nicht. Die meisten seien SaisonarbeiterInnen. „Wir ermuntern die Unternehmen, die Leute jetzt wieder direkt einzustellen, denn die meisten haben schon sehr lange für die Firmen gearbeitet,“ sagt Evilatus Karonda von der Gewerkschaft National Union of Namibian Workers (NUNW). „Zum Beispiel die Brauereien in Namibia, die haben über Jahre mit Beschäftigten gearbeitet, die plötzlich über Leiharbeitsfirmen engagiert waren. Ich sehe keinen Grund, warum diese Leute nicht wieder permanent dort angestellt sein können.“ Die Gewerkschaften hatten seit langem gegen die um sich greifende Leiharbeit protestiert.
Der Minister für Arbeit und Soziale Sicherheit, Immanuel Ngatjizeko, kündigte an, Leiharbeitsfirmen ab März zu verbieten. Das Ministerium hatte mit solchen Maßnahmen bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes gewartet. Nach Angaben einer Regierungszeitung plant das Ministerium Inspektionen in den bisher üblichen Leiharbeitssektoren.
Dieser Text erschien auf dem Internetportal Gute-Arbeit-Weltweit des DGB Bildungswerks.