Vor einem Jahr, am 6. Dezember 2011 wurde die Journalistin Luz Marina Paz ermordet. Es war der 18. Journalistenmord in Honduras in nur knapp zwei Jahren. Als Reaktion auf Paz’ Tod bildete sich die Gruppe „Journalistinnen für den Frieden und die Meinungsfreiheit“. Die Journalistinnen zogen wenige Tage später wütend vor den Präsidentenpalast. Sie dringen seither auf die Aufklärung der Morde an ihren Kolleginnen und Kollegen.
Seit dem Tod von Paz sind weitere Opfer hinzugekommen, zuletzt am 12. November der Journalist und Radiosprecher Àngel Edgardo López Fiallos (35). Er wurde im Zentrum von Tegucigalpa, der Hauptstadt von Honduras, durch vier Kugeln in den Kopf ermordet.Viele andere erhalten akute Morddrohungen, wie etwa Karla Zelaya und Dina Meza, die sich als Journalistinnen und Menschenrechtsverteidigerinnen für die Rechte der Bauern im Aguan-Tal einsetzen.
Es herrscht große Angst unter den kritischen Medienschaffenden in Honduras, sagt Felix Molina. Er moderiert die Sendung „Stimme des Widerstands“ (Voz de la Resistencia) auf Radio Globo. Die Sendung läuft von acht bis neun Uhr abends. Nach neun sind die Straßen von Tegucigalpa schon weitgehend menschenleer. Man traut sich nach Einbruch der Dunkelheit in der Hauptstadt kaum noch auf die Straße. Felix Molina beschreibt die alltägliche Angst, die ihn auf seinem Nachhauseweg begleitet und auch zu Hause nicht loslässt: „Wenn ein Motorrad hinter mir herfährt, fürchte ich das Schlimmste.“ In den meisten Mordfällen wurde vom Beifahrersitz eines Motorrads auf Fahrer oder Fahrerin eines Autos geschossen. Wie viele Journalisten erhält Molina per SMS Morddrohungen, zählt sie aber inzwischen fast zu einem Bestandteil seines Arbeitsalltags.
Die einen hat die Angst zum Schweigen gebracht, die anderen, wie die „Journalistinnen für den Frieden und die Meinungsfreiheit“ dazu, sich zu organisieren und die Themen, die die großen Medien verschweigen, an die Öffentlichkeit zu bringen. Andere wurden durch den Putsch und die darauf folgende Repression gegen kritische Medien in ihrer Arbeit bestärkt. „Die Stimme des Widerstands“ entstand im August 2009 und musste mehrfach von Radio Globo ins Internet ausweichen, da der Sender von bewaffneten Soldaten geschlossen wurde. Der Sender Radio Progreso wurde erst im August 2012 von einer Polizeirazzia heimgesucht, weil er Interviews mit Mitgliedern der Bauernbewegung ausgestrahlt hatte.
Neben Radio Globo und Radio Progreso befinden sich die größeren Sender in den Händen von Oligarchen, die kein Interesse an kritischer Information haben. Neun Familien, denen gleichzeitig Banken, Agrar-, Lebensmittel- und Tourismusunternehmen gehören, dominieren den Medienmarkt. Außerdem sind sie mit den beiden großen Parteien, der Nationalen Partei und der Liberalen Partei verflochten. „Die Eigentümer der kommerziellen Medien sind dieselben Personen, die für den Putsch verantwortlich waren“, sagt Bertha Oliva, Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation Komitee der Familienangehörigen Verschwundener und Verhafteter in Honduras (COFADEH). Für die politisch-ökonomische Elite des Landes unbequeme Themen, wie die fortdauernde Verletzung der Menschenrechte, fänden daher keinen Platz in diesen Medien, so Oliva.
Verschiedene Internetportale versuchen bis heute ein Gegengewicht zu den kommerziellen Medien zu bilden. Eine größere Bedeutung im ländlichen Raum haben aber weiterhin die Radiosender. Kommunitäre Radios mit einem begrenzten Sendegebiet sind dort, wo Zugang zu Internet und selbst elektrischem Strom begrenzt sind, die wichtigste unabhängige Informationsquelle. Die kommunitären Radios haben zum Teil eine längere Geschichte, wie die drei Sender des Zivilen Rates der indigenen und Volksorganisationen in Honduras oder der Sender Faluma Bimetu der Garífuna-Gemeinde Triunfo de la Cruz. Die Idee eines eigenen Radiosenders kam 1995 auf. „Sie entstand aus Notwendigkeit. Es gab hier in Tela keine Möglichkeit, darüber zu berichten, was in Triunfo de la Cruz mit dem Eigentum der Gemeinschaft der Garífuna geschieht“, erzählt Alfredo López, bis heute Koordinator des Radios. Die kommerziellen Zeitungen und Radios verschwiegen die Probleme. Der Kampf um kollektive Landrechte, die den Garífuna als afroindigener Gemeinschaft zustehen, ist bis heute ein zentrales Thema des Radioprogramms. Alfredo López wurde 1997 unter dem falschen Vorwurf des Drogenhandels verhaftet, wohl auch, um ihn öffentlich mundtot zu machen. Auf Druck der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) wurde er freigelassen – erst nach sechs Jahren. Zu neuen Angriffen auf den Sender kam es im Januar 2010, als die Radiostation in Brand gesteckt und Teile der Ausrüstung gestohlen wurden. Ein weiterer Brandanschlag galt dem Haus der Familie von Alfredo López, in dem auch Kinder wohnen. In beiden Fällen gibt es weder Spuren noch weitere Ermittlungen. Nach dem Brandanschlag auf das Radio war ein Verdächtiger festgenommen worden, der aber wenig später erschossen wurde. „Wir sind in einer Situation der Wehrlosigkeit. Es gibt keine Möglichkeit, die Ereignisse aufzuklären“, sagt López, der noch immer damit beschäftigt ist, die Schäden zu beseitigen, die der Brand an seinem Dach und in der Küche hinterlassen hat. Theoretisch steht die ganze Gemeinde Triunfo de la Cruz unter vom CIDH angeordneten Schutzmaßnahmen, um die Sicherheit der Einwohner zu gewährleisten. Aber faktisch sind nicht einmal Polizeistreifen im Ort zu sehen.