Interview: Frauenrechtsorganisation aus Simbabwe kämpft für soziale Gerechtigkeit
Seit zwei Jahren wenden sich die Frauen von WOZA! (Woman of Zimbabwe Arise!) gegen die repressiven Gesetze und gegen die Verschlechterung der sozialen, wirtschaftlichen und menschenrechtlichen Situation in Simbabwe. Präsident Robert Mugabe, ist für die einen noch immer der Held, der die Kolonialherren aus dem Land getrieben hat, für die anderen gnadenloser Unterdrücker der sozialen Bewegungen. Diese Politik der Härte bekommen auch die WOZA! Frauen zu spüren: immer wieder landen sie hinter Gittern. Drei von Ihnen, Jenni Williams (m.), Magodonga Mahlangu (l.) und Siphiwe Maseko (r.) waren kürzlich auf Einladung von Amnesty international zu Besuch in Europa und Berlin. Mit ihnen sprach Haidy Damm.
Es ist schon fast euer Markenzeichen – seit Ihr angefangen habt, auf die Straße zu gehen, landen viele von Euch immer wieder im Gefängnis. Was fordert die Regierung Mugabes so heraus?
Jenni Williams: Zunächst sind wir eine Graswurzelbewegung. Wir wenden uns an Frauen in den Städten und auf dem Land, gemeinsam mit uns gegen den Bürgerkrieg zu protestieren, den Präsident Robert Mugabe gegen die eigene Bevölkerung führt. Wir haben kein Essen auf dem Tisch für unsere Kinder. Es gibt eine Arbeitslosenquote von 80 Prozent. Die Kinder gehen nicht in die Schule. Die Regierung schafft immer repressivere Gesetze. Dagegen wehren wir uns. Wir sagen, wenn die Gesetze ungerecht sind, befolgen wir sie nicht.
Wie sieht Euer Protest aus?
Jenni Williams: Wir gehen friedlich auf die Straße, protestieren, singen und verteilen Blumen. Das reicht schon, um die Polizei auf den Plan zu rufen. Etwa 800 unserer Aktivistinnen sind bisher dafür ins Gefängnis gegangen.
Magodonga Mahlangu: Es ist ja die Krise, die uns auf die Straße bringt. Wir machen die Ungerechtigkeiten nur sichtbar. Aber sobald wir auf der Straße zu sehen sind, jagt uns die Polizei. Nur ein Beispiel: Bei einer Aktion sind 45 Frauen verhaftet worden, ich war auch dabei. Außerdem hatten fünf Frauen ihre Babies dabei. Wir wurden über Nacht in die Zentrale Polizeistelle gebracht. Dort wurden wir geschlagen, es gab weder Wasser noch etwas zu essen. Wir saßen auf dem nackten Boden und selbst die Kinder haben nichts zu essen bekommen. Unsere Anwälte durften nicht zu uns. Vor Gericht werden wir dann meist wieder frei gesprochen.
Hierzulande hat Simbabwe zuletzt durch die Vertreibungsaktion „Murambatsvina“ von so genannten Illegalen Siedlungen, bei der seit Mai letzten Jahres rund 1,5 Millionen Menschen obdachlos geworden sind und über 20 000 Menschen festgenommen wurden, für Schlagzeilen gesorgt und international große Proteste ausgelöst. Wie ist die Situation jetzt?
Siphiwe Maseko: Sehr viele Menschen sind nach wie vor obdachlos. Und sie haben keine Möglichkeit Geld zu verdienen, denn die Märkte, auf denen sie sonst etwas Gemüse verkauft haben, existieren nicht mehr. Es gibt keine Medikamente, auch nicht in den Krankenhäuser. Jeden Tag müssen wir neu überleben…
Rund 300 000 Kinder sollen nach Angaben von „Zim online“ die Schulen verlassen haben.
Siphiwe Maseko: Für die Kinder ist es tatsächlich besonders schlimm. Sie irren mit ihren vertriebenen Familien durchs Land. Die, die noch zur Schule gehen, haben keine eigenen Bücher. Sie sind auf Bücher von Kindern angewiesen, die viele Kilometer weit weg wohnen. Also haben sie unglaubliche Wege, um überhaupt lernen zu können.
Wie organisiert Ihr tagtäglich eure Arbeit?
Jenni Williams: Wir gehen tatsächlich von Tür zu Tür. Das macht die meiste Arbeit aus. Allerdings ist es schwer, die Frauen in den ländlichen Gebieten zu erreichen. Es gibt zwar ein Auto, aber oft kein Benzin. Trotzdem erreichen wir viele Frauen, wir haben bereits 20 000 Mitglieder auch welche, die in der ZANU-PF (Regierungspartei) sind. Das soll Mugabe sehr geärgert haben. Unsere Nachricht dabei ist sehr klar: Es reicht! Dafür brauchen wir kein Büro. Dafür müssen wir auf der Straße sein. Wenn unsere Auftritte auch immer sehr kurz sind, weil die Polizei kommt.
Arbeitet Ihr mit anderen sozialen Bewegungen oder der Oppositionspartei zusammen? Nach Medienberichten steht eine Spaltung der Oppositionspartei MDC bevor…
Jenni Williams: Es gibt Kontakt zu anderen Gruppen. Aber wir wollen nicht ins Parlament, wir wollen eine Stimme, die gehört wird. Da die Wahlen nicht fair sind, ist das nicht unser Weg. Über den Streit kann ich nichts sagen, die sollen doch selber kommen und darüber berichten.
Aber Ihr habt doch eine Vorstellung davon, wie es weitergehen soll? Was der richtige Weg für Simbabwe ist?
Magodonga Mahlangu: Ich denke, in diesem Land wird sich erst etwas ändern, wenn die ganz normale Bevölkerung aufsteht so wie wir es machen und wir dadurch unregierbar werden.
Jenni Williams: Und das werden wir weitermachen. Mit kraftvollen, bunten Aktionen. Aufhören werden wir erst, wenn wir unseren Humor verloren haben.